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FILMFORUM ZADAR: NEUE IMPULSE FÜR EUROPA

Autor: Jan Wilms
Dienstag, 21. Juni 2011 12:50
Im August findet in Kroatien zum zweiten Mal das Filmforum Zadar statt. Seine Sonderstellung in Europa wird mittlerweile auch in der Filmindustrie anerkannt. Als Gründer und Direktor fungiert der Oberhausener Filmemacher Sergej Stanojkovski. Ein Interview.

2010LAB.tv: Sie haben das Filmforum Zadar erst 2010 gegründet, bereits 2011 nahm es am „Producers Network“ im Rahmen der Messe „Marche du Film” beim Cannes Film Festival teil. Ist die Aufnahme in diesen illustren Kreis ähnlich zu bewerten wie die Goldene Palme für einen Regisseur?

Sergej Stanojkovski: Das ist zumindest eine sehr gute Bestätigung unserer Arbeit und sehr wichtig für uns. Auf dieses größere Netzwerk können wir auch unsere Strategie für 2012 aufbauen. 

Kroatien war unter Cineasten bislang nur als atemberaubende Kulisse für Italo- und Germano-Western bekannt. Das Filmforum ist nun das erste Festival für europäische Koproduktionen. Was verbirgt sich hinter dieser Beschreibung?

Wir sind das erste Festival, das sich auf die Zusammenarbeit europäischer Produzenten mit dem Rest der Welt fokussiert. Diese Filme zeigen wir im Hauptprogramm. In einem globalisierten Markt wird das immer wichtiger – die Partner stammen aus allen Kontinenten und Kulturen. Ein Beispiel: 2010 haben wir mit „Uncle Bonmee“, der auch die Goldene Palme von Cannes gewonnen hat, eine Koproduktion aus Deutschland, Frankreich, Katalonien und Thailand gezeigt. Außerdem ist das Festival eine Plattform für Geschäfte: Wir versuchen, Independent-Verleihe und große Studios an einen gemeinsamen Tisch zu bringen. 

Was ist das Besondere am Filmland Kroatien?

Zum einen besitzt es als Drehort für die Winnetou-Filme eine große Tradition, die sich aufwecken lässt. Und zum anderen gibt es unheimlich viele Festivals. Mit dem Filmforum holen wir neben guten Filmen auch noch die Filmindustrie nach Zadar und positionieren die Stadt als eine Plattform für die Kreativwirtschaft. Da habe ich mich von den Strukturen der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 und ihrer Kreativ.Quartiere inspirieren lassen, auch um Visibilität der Szene zu verstärken. 

Photo by Filip Brala : Screening location FORUM

Wird Kroatien auch als Produktionsstandort ein Comeback erleben?

Kroatien versucht sich jetzt zu positionieren und es gibt in der Tat eine Handvoll echter Vorteile: Im Umkreis vom 100 Kilometern sind vier Klimazonen erreichbar. Derzeit ist Kroatien insgesamt noch zu teuer. Allerdings: Zadar erlegt keine Gewerbesteuer auf – ein Produzent spart so direkt 5 bis 18 Prozent. 

Die osteuropäische Filmindustrie ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen: Ungarn, Tschechien, Bulgarien und vor allem Rumänien kooperieren mit Hollywood und reichen auf den Festivals tolle Filme ein. Wie positioniert sich der Nachzügler Kroatien da?

Mit den zentraleuropäischen Metropolen kann man nicht konkurrieren. Deshalb sollte eine eigene Strategie entwickelt werden: Wir sind als Tourismusland berühmt, haben Sonne, Meer und den Strand-Look – das kann man gut positionieren. Wir müssen die Adriaküste als europäisches Kalifornien entwickeln und einen ähnlichen Kreativservice anbieten. 

2010LAB.tv: Genauso gut kennen Sie das Filmland Ruhrgebiet, IhreProduktionsfirma sitzt in Oberhausen. Finden Sie dort ideale Bedingungen für Ihre Produktionen vor?

Sergej Stanojkovski:
 Ja, denn derzeit arbeiten wir an einem von derFilmförderung unterstützten Spielfilmprojekt, in dem es um Menschen mit Migrationshintergrund im Ruhrgebiet geht. Das Ruhrgebiet kann durchaus als Kreativzone entwickelt werden. Als Filmregion hat es mit seinen urbanen Locations, Wäldern und Seen sehr viel Potenzial. Auch die menschliche Physiognomie bietet viel an. Schade finde ich, dass viele Firmen immer noch nach Düsseldorf, Köln oder Berlin ziehen und da in der Masse verschwinden. Für uns ist interessant, dass man sich in Oberhausen prominenter positionieren kann. Das dauert vielleicht länger, ist aber langfristig sinnvoll. In der Außenwirkung steht das Ruhrgebiet vor der gleichen Frage wie Kroatien: Wie markiert sich eine Region öffentlichkeitswirksam?

Kann Oberhausen als Stadt der Kurzfilmtage denn einmal die Filmmetropole im Revier werden?

Das ist nicht unmöglich. Die Oberhausener wissen gar nicht, was für einen klangvollen Namen ihre Stadt in der Filmwelt hat. Die Leute aus der Branche müssen nur „Oberhausen“ hören, dann denken sie gleich an Scorsese, Polanski, Forman, Wenders, Herzog, Kluge und Schlingensief. Denn alle haben ihre frühen Arbeiten dort gezeigt.

Photo by Filip Brala : Festival founder and director - Filmmaker Sergej Stanojkovski 

Müsste in der Stadtverwaltung Oberhausen denn nicht ein Verständnis für die ökonomische Seite der Filmproduktion und damit für Steuereinnahmen zu finden sein?

Wird hier eine Chance verpasst?

Ja. Man müsste in Oberhausen viel dynamischer und aktiver sein – und nicht auf Land und Bund warten. Es sind ja Leerstände zu niedrigen Mieten vorhanden, das sind alle potenzielle Produktionsbüros und Filmlocations. Nur: Jemand muss das konzipieren und vermarkten. Ein „Filmoffice Oberhausen“ oder ein Clustermanager wäre so eine Idee. Wir haben das der Stadt Oberhausen vorgeschlagen, das war aber dort nie eine Option.

Bauen Sie deshalb solch ein Festival in Kroatien und nicht im Ruhrgebiet auf?

Es gibt viele Faktoren. Eins ist klar: Auch in Zadar gibt es auch nicht viel Geld, doch in der Stadt haben alle Ebenen richtig Lust auf solch ein Festival. Dinge werden möglich, weil man Ideen hat und motiviert ans Werk geht. Im Ruhrgebiet wurden diese Impulse von der Kulturhauptstadt erwartet, doch diese großen Dinge konnte die RUHR.2010 gar nicht leisten.

Photo by Filip Brala : Members of Filmforumzadar advisory board - Prof. Werner Nekes (Filmmaker and Collector), Karl Baumgartner (Pandorafilm/Match Factory - Producer, Distributor, Sales Agent) 
 
Das Mentalitätsproblem bei vielen handelnden Personen liegt tiefer. Sie kennen nur den brotlosen Künstler – und bezahlen ihn auch dementsprechend schlecht. 50.000 Euro für Sachwerte auszugeben ist kein Problem – doch ein Film, der so viel kostet, ist viel zu teuer. Diese völlig falsche Einstellung gibt es in den angelsächsischen Ländern nicht, die uns deshalb um Lichtjahre voraus sind. Das versteht in Deutschland der Staat durchaus, bei der Lokalpolitik im Ruhrgebiet ist dies aber noch nicht angekommen.

July 10, 2011 — Avvantura Festi...

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